Lago di Lugano Umrundung, 2. Etappe: Brusimpiano – Gavirate

Heute geht die Umrundung des Lago di Lugano erst richtig los. Zwei Aufstiege habe ich mir vorgenommen. Als erstes den Monte Piambello und danach den Campo dei Fiori. Knappe 2’000 Höhenmeter warten auf mich. Ob das gut kommt…?

Ich habe sehr gut geschlafen im Hotel Caroline in Brusimpiano. Das Frühstück ist lecker und reichhaltig. Da ich es gestern verpasst habe was einzukaufen, esse ich, bis ich richtig satt bin. Die Speicher müssen voll sein. Zudem ist heute Sonntag und deshalb haben alle Geschäfte geschlossen. Aber egal, wird schon irgendwie gehen.

So lasse ich das beschauliche Brusimpiano hinter mir und starte mit vollem Magen gleich am Dorfrand mit dem Aufstieg nach Marzio. Ich bin zwar der einzige Biker aber längst nicht der Einzige auf zwei Rädern. Ein Rennvelofahrer nach dem Anderen überholt mich. Ich frage mich gerade, ob ich im Dorf unten eine Spezialbewilligung hätte lösen müssen, damit ich hier mit den Gümmelern rauf fahren darf…? 🙂

Nun, sie lassen mich alle brav passieren und ab Ardena bin ich mehr oder weniger alleine unterwegs. Hier fahren die meisten gerade aus weiter nach Marchirolo. Dort dann wohl via Ponte Tresa wieder zurück nach Brusimpiano um so die sonntägliche Morgenrunde zu vervollständigen. Coole Idee für eine Rennradtour vor dem Brunch!

Meine Reise geht in Ardena aber nach links. Dort führt der Aufstieg nach Marzio auf einem schmalen Sträßchen weiter.

In Marzio selber erhoffe ich mir eine Bar oder ähnliches um kurz was zu essen oder zumindest was einzukaufen. Leider ist nichts vorhanden. Dann weiter, die Energie sollte schon noch reichen bis zum Piambello rauf. Zu trinken habe ich glücklicherweise genug dabei.

Auf der Forcorella verlasse ich die Strasse und biege links in den Wald rein.

Dort rollt es sich zuerst ganz gemütlich bis die Piste für etwa zehn Minuten unfahrbar wird.

Spätestens ab der Bocchetta dei Frati sitze ich wieder im Sattel und gehe auf einer angenehm steigenden Militärstrasse die letzten 200 Höhenmeter bis zum Gipfel an.

Einmal mehr fahre ich auf einer Strasse rauf, welche es wohl nur dank des ersten Weltkrieges so in dieser Form gibt. Luigi Cadorna, Generalstabschef der Italiener im ersten Weltkrieg, liess im Grenzgebiet Tessin/Italien unzählige Stellungen, Schützengräben und Forts erbauen, da er sich vor einer deutschen Invasion durch die Schweiz fürchtete. Schlussendlich wurden diese Erbauungen nie gebraucht da es nie zu einer solchen Invasion der Deutschen gekommen war. Die Strassen sind aber größtenteils erhalten und in der heutigen Zeit eine tolle Infrastruktur für uns Biker. Auch sind die vielen Stellungen und Schützengräben immer noch bestens ersichtlich, so auch hier auf dem Monte Piambello.

Wer sich weniger für den geschichtlichen Hintergrund der Cadornalinie interessiert, der/die kann auch einfach nur die tolle Aussicht von hier oben geniessen. Ich mach das natürlich auch.

Ich verweile noch ein bisschen und geniesse die Ruhe. Plötzlich taucht ein Läufer auf, und gleich noch einer, und noch einer… alle mit einer Startnummer auf der Brust. Da führt doch tatsächlich ein Berglauf auf den Monte Piambello. Und ich mittendrin. Erinnerungen an die Transalp 2016 werden wach, als Benno und ich ungewollt in den Gore-Tex Transalpine Run reinfuhren. Ich frage mich natürlich gleich, ob die wohl den gleichen Trail nach unten nehmen werden wie ich.

Zuerst ist von den Läufern noch nichts zu sehen und ich geniesse die ersten flowigen Meter des Trails. So kann es gerne weiter gehen!

Schon bald aber werde ich vom ersten Läufer überholt. Die sind alle schneller als ich. Dies ist auch dem Umstand geschuldet, dass es immer mal wieder einen Gegenanstieg gibt und der Trail technischer wird. Da ist man zu Fuß einfach zügiger unterwegs.

So schaue ich regelmäßig nach hinten um zu checken, ob denn da einer kommt – und gehe dementsprechend regelmäßig zur Seite um Platz zu machen und um die Runner anzufeuern!

Der Trail wird kniffliger und gegen Ende steiler.

Kurz vor dem Passo dell‘ Alpe Tedesco gibts ein paar knackige Serpentinen. Der Trail bleibt steil.

Auf dem Pass unten bin ich dann gar nicht mal so unglücklich ist der Trail zu Ende. Eigentlich ein toller Weg den ich sofort wieder fahren würde. Doch ich spüre, wie die Energiereserven langsam zu Neige gehen. Das Wasser ist auch nächstens aufgebraucht. Es wird höchste Zeit aufzutanken. So brause ich auf der Strasse nach Valganna runter.

Hier finde ich schöne Parks und altehrwürdige Gebäude, aber nichts zu essen und zu trinken. Nun gut, dann einfach weiter. Wird sich schon was finden lassen…

Der Weg durch das Val Pralugano könnte dann schöner kaum sein. Hier hat man sich extrem Mühe gegeben. Die unfahrbaren Stellen wurden mit Holzstegen ausgebessert. Gemütlich radle ich durch dieses reizvolle Gebiet.

In der nächsten Ortschaft Bedero Valcuvia kann ich meine Versorungssituation auch noch nicht verbessern. Ich habe immer gedacht, dass jedes italienische Dorf – egal wie klein es ist – mindestens eine Kaffeebar hat. Aber dem scheint nicht so zu sein. Also weiter. Die Kraft und das Wasser sollten schon noch reichen bis nach Brinzio.

Jetzt habe ich wirklich Hunger und der Bidon ist inzwischen auf leer. Damit ich sicher keine Verpflegungsmöglichkeit verpasse, fahre ich kreuz und quer durch die Ortschaft.

Am südlichen Ortsrand dann endlich ein Restaurant. Das Il Borgo scheint aber recht voll zu sein. Logisch bei einem solch sonnigen Sonntag. Meine Frage, ob es Platz für mich hat, kann nicht sofort beantwortet werden, da das ganze Restaurant ausgebucht scheint. Doch ich habe Glück und kriege nach ein paar wartenden Minuten einen kleinen Tisch in der Ecke. Reicht vollkommen aus, hauptsache was zu Essen! Das Personal ist sehr freundlich und nach einem gemischten Salat und einer feinen Pizza bin ich auch wieder im Reinen mit mir. Zum frisch aufgefüllten Bidon kann ich noch zwei 5 dl Mineralwasserflaschen mitnehmen. Das reicht wieder für eine Weile.

Wie weiter jetzt? Es ist bereits halb drei Nachmittags und es wartet noch ein happiger Aufstieg auf den Campo dei Fiori. Und der beginnt nicht gleich hier und jetzt in Brinzio sondern wäre noch mit einer Anfahrt nach Prima Capella verbunden. Weil ich auch noch ein wenig die vergangene Arbeitswoche spüre, bei welcher es nicht überflüssig viel Schlaf gab, ist der Entscheid schnell gemacht. Ich fahre mehr oder weniger flach auf der Strasse nach Orino und von dort weiter nach Gavirate an den Lago di Varese. Ich hab keine Lust bis am Abend um sieben Uhr auf dem Bike zu sein. Sind ja schliesslich meine Ferien!

Also geht’s auf Aspahlt weiter. Der Verkehr hält sich im Grenzen und ich radle gemütlich bis nach Orino.

Von dort geht’s abwechlungsreich auf kurzen Trails, verschlungenen Pfaden und engen Gassen bis nach Gavirate. Auch sehr schön!

Das Bed and Breakfast La Folaga ist meine Bleibe für die kommende Nacht. Ich habe noch nie in einem B&B übernachtet und bin daher sehr gespannt, wie dieser Aufenthalt sein wird. Gebucht habe ich diese Unterkunft heute morgen während dem Frühstück in Brusimpiano, da ich unbedingt mal an den Lago di Varese möchte.

Als erstes spaziere ich als Gast gleich mal in das Wohnzimmer der Familie hinein. Liliana und Angelo stellen sich sofort per Handruck und mit Namen vor. Äußerst herzlicher Empfang! Noch bevor ich duschen und meinen Rucksack auspacken kann, wird mir ein Kaffee offeriert. Da mein Italienisch nicht sonderlich gut ist und die Gastgeber kein Englisch können, unterhalten wir uns mit Händen und Füssen. Klappt dann auch irgendwie :-).

Später mache ich mich dann auf zur Seepromenade. Hier ist der Bär los. Es scheint, als wäre ganz Gavirate am Lago um den Sonntagabend zu geniessen.

Trotzdem geniesse ich die schöne Atmosphäre am See und schlendere dem Ufer entlang.

Langsam kommt der Hunger. Und auch hier in Gavirate finde ich nirgends ein Restaurant. Ich laufe kreuz und quer durch den historischen Kern und am See entlang. Bars und Kaffees hats wie Sand am Meer doch nirgends eine Beiz… Oder bin ich blind? Es bleibt mir schlussendlich nichts anderes übrig als beim Türken einen Kebabteller zu bestellen. Dieser ist aber sehr lecker und ich bin danach wirklich satt. Kann man also auch mal essen während eines Bikecross‘.

Müde und zufrieden falle ich schon bald ins Bett. Morgen geht’s wieder in die Schweiz. Jetzt gilt es aber zuerst noch ein wenig das Schlafmanko der letzten Woche gut zu machen.

Distanz: 44 km / Fahrzeit: 4 h 21 min / Höhenmeter: 1’200 Hm

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4 Gedanken zu „Lago di Lugano Umrundung, 2. Etappe: Brusimpiano – Gavirate

  1. Ich war vor vielen Jahren mal am Piambello, aber nicht ganz oben. Das muss ich wohl nachholen. Sieht super aus mit den Stellungen … und vor allem auch die Trails runter
    Danke für die schönen Eindrücke!

  2. Ja die trails am Piambello schauen wirklich deluxe aus 8)
    Solche alte militäranlagen finde ich immer interessant, auch als zivi. Ich denke da immer daran, unter welchen bedingungen die anlagen dazumal erbaut wurden, das können wir uns kaum vorstellen. Die Cadorna-linie war mir bisher nicht bekannt, sehr interessant, ich sehe da gewisse parallelen zu der Fortifikation-Hauenstein bei uns in der gegend.
    Ich hoffe du kommst doch noch mal zu einer pizza 😉

    • Das Gebiet hat einfach den perfekten Mix zwischen landschaftlicher Schönheit, südlichem Flair, tollen Trails und dem geschichtlichen Hintergrund. Es war mit Bestimmtheit nicht der letzte Cross in dieser Gegend!

      Pizzas gab’s dann schon noch ein paar die restlichen Tage…:-)

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