Lago di Lugano Umrundung, 5. Etappe: San Fedele Intelvi – Porlezza

Auf den heutigen Tag war ich im Vorfeld sehr gespannt. Die ganze 5. Etappe bringt mich in unbekannte Gefilde. Noch nie war ich auf dem Monte Tremezzo. Wie wohl der Trail runter zum Comersee sein wird? Übernachten möchte ich in Porlezza. Auch dort war ich noch nie. Das wird heute viel zu entdecken geben, soviel steht fest.

Der morgendliche Blick aus dem Fenster verspricht Gutes. Erneut warme Temperaturen und Sonnenschein. Die paar Wolken trüben die Stimmung keineswegs.

Nach einem tollen Frühstück verabschiede ich mich aus der Villa San Fedele. Eine weitere Unterkunft, die ich nur empfehlen kann und auf jeden Fall wieder berücksichtigen würde.

Nach dem morgendlichen Sandwich- und Süssigkeiteneinkauf geht’s in angenehmer Steigung gleich bergauf.

Ein Teersträsschen schmeigt sich der Ostflanke des Bergs entlang. Regelmässig habe ich Ausblicke zum Comersee runter. Auch wilde Ziegen sind unterwegs. Ansonsten ist es mehrheitlich ruhig.

Pigra ist dann die letzte nennenswerte Ortschaft für die nächsten Stunden.

Der nächste markante Punkt ist die Alpe Colonno. Hier treffe ich all die Rennvelofahrer wieder an, welche mich die letzten 600 Höhenmeter überholt haben. Ja, Italien scheint mir das Land der Gümmeler zu sein. Schon auf der zweiten Etappe fiel mir dies auf. Diese Bemerkung ist selbstverständlich keineswegs abschätzend gemeint, denn ich hab ja selber ein Rennrad bei mir im Keller :-). Doch ich frage mich schon, wo sind denn die Biker hier…?

Ich kaufe mir auf der Hütte etwas Wasser, danach geht meine Reise weiter. Obwohl der höchste Punkt des Tages noch nicht erreicht ist, punktet das Panorama bereits ein erstes Mal.

Nur ein paar Minuten später folgt mit dem Rifugio Boffalora schon die nächste Gaststätte. Hunger macht sich langsam breit doch der Herr des Hauses meint entschuldigend, dass die Küche noch nicht bereit sei. Kann ich verstehen, wir haben ja erst 10.45 Uhr.

Nicht weiter schlimm, denn gemäss meinen Infos soll es auch auf dem Rifugio Venini was zu futtern geben. Weit ist es nicht mehr bis dort hin.

Und dann sind sie plötzlich da, die Biker – alle mit elektronischer Unterstützung. Eine rund 8-köpfige Gruppe hat das gleiche Ziel wie ich und möchte zum Venini rauf.

Die Miilitärstrasse schlängelt sich auch hier gleichmäßig dem Hang entlang. Man kann den weiteren Verlauf der Strecke schon weit voraus erkennen.

Der letzte Abschnitt ist dann nicht mehr geteert.

Obwohl heute Mittwoch ist herrscht auf dem Rifugio Venini schon fast Volksfeststimmung. Hier treffen sich Wanderer, Rennvelofahrer, Autofahrer (normal in Italien, dass man so weit rauf fährt, wie nur irgendwie möglich), Motorradfahrer und Biker – mit und ohne Unterstützung.

Die Plätze im Restaurant füllen sich und mir werden leckere Pizokel aufgetischt mit einem Stück Aprikosenkuchen zum Dessert. Passt!

Bei einem Kaffee lasse ich die Atmosphäre noch etwas auf mich wirken und beobachte das rege Treiben. Nach einer Weile reiße ich mich los und fahre weiter.

Bei der nächsten Abzweigung biege ich links nach oben ab. Im Nachhinein wäre es kluger gewesen, hier rechts dem leicht abfallenden Trail zu folgen…

Auch hier wieder Stellungen, Schützengräben, etc.

Der Weg rauf zur Alpe di Mezzegra ist steil und fordert einiges an Kraft.

Danach führt ein tiefer und etwas mühsam zu fahrender Trail zur Alpe di Tremezzo rüber.

Die Alp selber ist eine Ansammlung an Ruinen und zerfallenen Mauern.

Ich erkenne aber schon den Lago di Piano. Dieser liegt kurz vor Porlezza. Da werde ich heute Nachmittag noch durchfahren.

Jetzt gilt es aber zuerst mal den weiteren Verlauf der Tour vernünftig zu planen. Vorgesehen habe ich eigentlich noch den Aufstieg zum Monte Crocione. Doch der Weg ist nur schwach zu erkennen. Auch der Pfad, der flach der Flanke entlang führt, sieht eher mühsam aus. Ob das dann eine sinnvolle Fortsetzung gibt, sei dahin gestellt.

Doch unter mir ist ein toll aussehender Trail, der ebenfalls in meine Richtung führt. Ich erkannte den schon auf der Alpe di Mezzegra. Deshalb lasse ich den Monte Crocione sein und schiebe die steile Wegspur zum Trail runter.

Gute fünf Minuten später ist der Spuk vorbei und vor mir liegt ein flowiger Trail, der schöner kaum sein könnte! So schließt sich hier der Kreis zur vorherigen Bemerkung, dass ich bei der Abzweigung zur Alpe di Mezzegra besser rechts abgebogen wäre. Dann wäre ich direkt auf diesem tollen Weg gelandet.

Bereits nach den ersten paar Metern ist dieser unnötige Umweg Schnee von gestern und ich kann kaum glauben, wie geil dieser Weg ist.

Ich glaub, ich bin soeben im Bikehimmel gelandet. Irgendwo habe ich mal gelesen, die flowigsten Trails seien halt doch die schönsten…

Das ist ein Volltreffer erster Güte hier. Da bekommt der Begriff „Trailsurfen“ eine ganz neue Bedeutung!

Unten raus erinnert mich der Pfad ein wenig an den Tremalzo. Spätestens als es durch einen Tunnel geht, wähne ich mich tatsächlich für einen kurzen Moment oberhalb des Gardasees.

Ab Monti Brente wird der Trail breiter und mutiert in kleinen Schritten zu einer Schotterpiste.

Auch heute wieder Traumwetter. Was bin ich bloß für ein glücklicher Mensch!

Ein kurzer Verbindungstrail bringt mich nach Monti di Nava.

Dort gehts auf den nächsten Trail bergauf. Das Ding ist eine Spur zu steil und ich muss kurz schieben.

Kein Problem. Kurz vor der Bocchetta di Nava wartet ein samtiger Wiesentrail auf mich.

Kaum oben auf dem Übergang angekommen, schliessen zwei zackige Biker zu mir auf. Zu dritt geniessen wir das tolle Panorama und kommen ins Gespräch. Deutsch kann keiner der Beiden und mein Italienisch ist nur minim vorhanden. Doch Fabio (links auf dem folgenden Bild) spricht sehr gut englisch und somit ist die Sprachbarriere gebrochen. Er spielt dann – wenn nötig – den Dolmetscher für Antonio (Bildmitte) :-).

Wir entscheiden uns, zu dritt den nächsten Trail in Angriff zu nehmen. Die beiden sind auch vom Tremezzo runter gekommen und meinen, dass es nun schwieriger wird. Der Weg wird etwas enger, technischer und hat einige ausgesetzte Passagen, teilt mir Fabio mit. Da kommt es mir gerade recht, dass ich da nicht alleine runter muss. Die beiden geben mir mit ihrer Anwesenheit ein bisschen ein Gefühl der Sicherheit.

Der Start der Abfahrt nach Griante ist dann genau so, wie von Fabio prophezeit. Ausgesetzt, schmaler als noch vorher und regelmässig gespickt mit Absätzen, Steinen und sonstigen Herausforderungen.

Aber der Spass kommt deswegen noch lange nicht zu kurz – ganz im Gegenteil. Dieser Trail hier setzt dem bisherigen Tag die Krone auf. Ich bin schon viele geile Trails in meinem Leben gefahren. Doch müsste ich ein Ranking mit den Besten machen, wäre der hier vorne mit dabei!

Die Jungs sind diese Abfahrt schon mehrere Male gefahren und meinen, dass hier sei eine der besten – vielleicht sogar die beste – Abfahrt am Comersee überhaupt. Und ja, ich glaube das Antonio und Fabio sofort. Das hier ist schlicht genial!

In der unteren Hälfte machen wir einen kurze Abstecher zur Chiesa di San Martino. Langsam aber sicher kommen wir dem Talboden näher.

Auch hier ist das Panorama unglaublich schön!

Der Endspurt bis nach Griante runter gestaltet sich holprig. Zuerst ein Römerweg und dann ganz zum Schluss unzählige Treppenstufen schütteln Bike und Biker zünftig durch.

Dann ist das Spektakel zu Ende. WOOOW, die Abfahrt vom Monte di Tremezzo war definitiv was vom Allerbesten, das ich bisher mit dem Bike unter die Räder genommen habe!
Ich tausche mit Fabio noch unsere Emailadressen aus, um die geschossenen Fotos austauschen zu können. Danach verabschiede ich mich von den beiden und bedanke mich. War wirklich toll, zu dritt diesen geilen Trail runter zu fahren.

Rasch bin ich danach in Menaggio. Dort fahre ich über den Dorfplatz und spiele kurz mit dem Gedanken, den Tag hier zu beenden. Habe bis jetzt noch nichts gebucht und die Ortschaft macht einen sehr hübschen Eindruck.

Da es aber erst kurz vor vier Uhr ist sollte die Zeit noch reichen, um relativ locker nach Porlezza zu kommen. So radle ich zuerst etwa 200 Hm bergauf bis Cardano. Dort folgt der nächste Radweg des Trips. Die Italiener haben’s wirklich drauf!

Vorbei geht’s am Lago di Piano.

Kurz darauf treffe ich in Porlezza ein. Diese Ortschaft liegt nun wieder am Lago di Lugano.

Die Hotelsuche gestaltet sich zuerst ein wenig schwierig, da das Europa erst im Sommer öffnet, die Porto Letizia zu teuer ist und das Regina wohl schon länger geschlossen ist.
Mit dem Risorgimento finde ich etwas abseits vom See dann doch noch eine Bleibe. Ich werde freundlich begrüsst und kriege ohne große Bürokratie ein Einzelzimmer. Passt!

Bei einer Pizza im Restaurant ZenZero, der vielleicht Besten des ganzen Cross‘, lasse ich den Abend ausklingen. Der folgende Verdauungsspaziergang durch den historischen Kern von Porlezza fehlt dann natürlich auch nicht.

So geht die Lago di Lugano Umrundung langsam aber sicher dem Ende entgegen. Morgen steht die Schlussetappe auf dem Programm und dann ist diese Tour vorbei. Die vergangenen Tage waren genial und ich hoffe, dass ich auch morgen ohne Zwischenfall durchkomme und die Tour in Lugano erfolgreich abschließen kann.

Distanz: 50 km / Fahrzeit: 5 h 22 min / Höhenmeter: 1’450 Hm

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4 Gedanken zu „Lago di Lugano Umrundung, 5. Etappe: San Fedele Intelvi – Porlezza

  1. Hoi Chregu, wie immer gelungene Fotos und gute „Schreibe“ aus meiner zweiten Heimat (Ex Luzerner) wohnte ich doch 44 Jahre im Sottoceneri, mit meiner Pension bin ich nach Spanien (Alicante) in die Heimat meiner Frau gezogen. Deine Schlussetape kann ich mir einigermassen vorstellen, ich werde sie dann wieder kommentieren ob meine Gedanken richtig waren. Ich freute mich auch über das gute Wetter bei deiner Runde, biken mit Sonne das ist immer Super,

    Gruss aus dem Süden shilaty

    • Hey Shilaty,

      Danke für Deinen Kommentar. Vermutlich liegst Du goldrichtig mit Deiner Einschätzung über meine Schlussetappe.

      Liebe Grüsse aus der Zentralschweiz
      Chregu

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