Bikespirit Colorado/Utah 2024 – Tag 14: Kokopellitrail, 1. Etappe

Mit dem Kokopellitrail steht der nächste Cross auf dem Programm. Tagwache ist bereits um halb sechs, eine halbe Stunde später sitzen wir beim Frühstück. Zackig geht’s auch da von statten und um sieben Uhr fährt schon der Shuttle.

Der Startschuss zur ersten Etappe auf dem legendären Kokopelli Trail fällt am bekannten Trailhead bei Fruita. Schon hier liegt eine gewisse Spannung in der Luft – je weiter der Blick über die weite Wüstenlandschaft schweift, desto mehr wächst die Vorfreude auf die kommenden Tage. Der Kokopelli Trail verbindet Fruita in Colorado mit Moab in Utah und verspricht nicht weniger als ein episches Bike-Erlebnis.

Wir sind kribbelig und bereit – los geht’s!

Die ersten Kilometer verlaufen auf dem Mary’s Loop – ein Abschnitt, den wir bereits vor zwei Tagen gefahren sind. Wieder geht es in ständigem Auf und Ab über schmale Trails entlang der Abbruchkante oberhalb des Colorado River. Die Strecke ist technisch fordernd, ohne überfordernd zu sein. Es braucht Konzentration, ständiges Arbeiten am Bike – aber der Genuss kommt definitiv nicht zu kurz.

Immer wieder öffnen sich grandiose Blicke auf den tief unter uns fließenden Fluss und das weite Canyonland drumherum. Was für ein Start in dieses mehrtägige Abenteuer – Kokopellitrail, here we go!!!

Wir setzen die Fahrt fort auf dem Lions Loop Trail, der das Charakterbild fortführt: felsig, karg, aussichtsreich.

Dann folgt der Troy Built Trail – ein technisch anspruchsvoller Abschnitt mit vielen verblockten Passagen, der volle Aufmerksamkeit verlangt.

Schließlich erreichen wir einen Aussichtspunkt auf eine Bahnlinie. Zufälligerweise fährt just in dem Moment ein endlos langer Zug vorbei. Wir geniessen die Szenerie und nutzen den Moment für eine kurze Pause.
Unten angekommen unterqueren wir das Bahntrasse und kurz darauf überqueren wir auf einer schmalen Brücke auch den Colorado River.

Danach wird es kurz richtig steil – der folgende Anstieg zieht sich und kostet Kraft.
Die Umgebung verändert sich nun. Aus Trails wird zunehmend ein Mix aus Schotterwegen und Jeep-Roads. Die Landschaft öffnet sich, die Weite scheint kein Ende zu nehmen. Es ist heiß, schattenlos, die Beine werden müde.

Umso willkommener ist ein kleiner Schattenplatz am Wegesrand – eine erste kurze Verschnaufpause.

Wenig später erreichen wir den Parkplatz bei Rabbit Valley, wo wir eine etwas längere Rast einlegen. Auch die Shuttles von Rim Tours sind da. Zeit also, um sich zu erholen, zu essen, Wasser nachzufüllen und die Sonne kurz aus dem Gesicht zu nehmen.
Wobei ich auch heute sehr gut mit der Hitze klar komme. Langsam aber sicher spüre ich die Intensität der vergangenen zwei Wochen. Das lässt sich kaum verhindern bei einer solchen Tour.

Frisch gestärkt geht es weiter auf dem Rabbit Valley Trail. Der Weg ist nun wieder abwechslungsreicher, aber immer noch deutlich geprägt von der wüstenartigen Weite.

Dann der Abzweiger: Western Rim – ein „Bonus Loop“, der diesen Namen mehr als verdient. Luki meinte gestern Abend noch, das sich dieser Abstecher mehr als nur lohnt und er diesen jedem empfiehlt. Ich zögere kurz – Müdigkeit macht sich bemerkbar –, aber ich entscheide mich dafür.

Und ich bereue es keine Sekunde. Was folgt, ist eines der ganz großen Highlights dieser Reise. Der Trail verläuft spektakulär entlang von Klippen und Felsbändern, hoch über dem Colorado River.

Die Aussicht ist atemberaubend, der Trail flowig, ausgesetzt, leicht technisch, wunderschön. Die Landschaft wirkt wie von einem anderen Planeten – fast unwirklich, so bizarr und faszinierend ist die Kulisse. Trotz Erschöpfung überwiegt der Rausch, das Staunen, das Glück.

Es ist einer dieser Momente, bei dem ich etwas demütig werde. Wie ist es möglich, hier zu sein? Was für ein Privileg haben wir alle, dies hier erleben zu dürfen? Wie kann es sein, dass so viel Unglück und Ungerechtigkeit herrscht auf diesem Planeten und wir hier im absoluten Glück baden können? Antworten auf diese Fragen zu finden ist schwierig bis unmöglich…

Diese grosse Felsplatte mit der ein paar Meter dahinter liegenden, stark abfallenden Kante ist für mich der vielleicht schönste Platz der ganzen drei Wochen. Ich bin einen kurzen Moment alleine auf dem Trail, komme auf diesen Felsen und bin geschockt ab der unwirklichen Schönheit dieses Ortes.
Es ist mucksmäuschen Stil, nur die Natur und ich – es gibt keine Worte in diesem Moment.

Nacheinander trudeln meine Freunde ein, alle denselben ungläubigen und schon fast leeren Gesichtsausdruck. Niemand lächelt, alle staunen nur. Wir haben die letzten zwei Wochen schon so viel gesehen und dann das hier – unmöglich zu beschreiben.

Wir biken weiter, staunen und sind einfach nur glücklich.

Zum Schluss steht uns noch eine letzte Prüfung bevor: eine fiese, steile Rampe hinauf zum Camp. Mit letzter Kraft schieben oder treten wir die Bikes hinauf auf ein herrlich gelegenes Hochplateau. Kurz vor unserem Camp steht die erste Kühlbox mit eisgekühlten Getränken bereit. Natürlich greife ich schon hier ein erstes Mal zu. Dann noch einen knappen Kilometer und wir erreichen unser Nachtlager.

Dieses befindet sich auf einem traumhaft schönen Hochplateau. Als wären die Eindrücke des heutigen Tages noch nicht genug, dürfen wir hier an diesem beinahe magischen Ort die heutige Etappe ausklingen lassen.

Die Zelte stehen und unser Chef de Mission, Lukas Stöckli, bereits sich seinen Salat zu. Einen guten Appetit allerseits!

Die Stimmung ist locker, entspannt und beinahe schon meditativ. Alle versuchen das heutig Erlebte einzuordnen.

Und es sind nicht nur diese unglaublichen Touren, die wir auf unserer Reise machen, sondern auch die Menschen dahinter. Ich kann es kaum anders beschreiben, aber die Truppe ist sowas von geil! Keine Gruppenbildungen, alle verstehen sich super untereinander. Es macht riesengrossen Spass, mit diesen verrückten Biker:innen diese Tage in den USA verbringen zu dürfen.
Darauf ein Bier!

Der wunderschöne Sonnenuntergang ist dann noch das Tüpfelchen auf dem i. Einer der besten Biketage meines Lebens neigt sich langsam dem Ende entgegen.

Gute Nacht allerseits.

Distanz: 57 km / Fahrzeit: 4 h 17 min / Höhenmeter: 800 hm

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2 Gedanken zu „Bikespirit Colorado/Utah 2024 – Tag 14: Kokopellitrail, 1. Etappe“

    1. Das war wohl der Moment, der mich während den ganzen drei Wochen am meisten berührte. So einer in die Kategorie „Ohne Worte“

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