Heute ist der Tag der Königsetappe meiner Lago Maggiore Umrundung. Von allen Teilstücken hat das heutige den höchsten Trailanteil sowie am meisten Kilo- und Höhenmeter. Auf geht’s!
Geschlafen habe ich sehr gut im Hotel Miralago in Verbania-Intra. Auch das Frühstück war sehr gut und so starte ich frisch gestärkt in den Morgenverkeher von Verbania. Zum Glück kann ich keine fünf Minuten später die Hauptstrasse verlassen und fahre auf weniger befahrenen Strassen den Berg rauf. Heute gibt es keine flache Warm-Up Strecke. Die 4. Etappe startet gleich mit dem ersten Aufstieg.
Ich durchfahre die Ortschaften Antoliva und Arizzano bevor ich in Bee eine erste kurze Pause einlege. Nachdem ich die ersten Bissen Schokolade verdrückt habe, trifft mich beinahe der Schlag. Schneebedeckte Berge – und diese befinden sich genau in meiner Himmelsrichtung. Ist das etwa der Monte Spalavera, welchen ich heute bezwingen möchte? Ist das geplante Highlight der Lago Maggiore Umrundung gar nicht machbar? Es geht schliesslich auf über 1’500m rauf und gestern regnete es ja. Hat es tatsächlich so weit runter geschneit??? Nach der ersten Ratlosigkeit und einem weiteren Stück Schokolade fahre ich einfach wieder weiter und hoffe mal das Beste…
Abwechslungsreich geht meine Reise weiter.
Auf Pian di Sole, wo sich auch ein Golfplatz befindet, ist der erste Aufstieg des Tages vorbei.
Es geht nun ein Stück auf Teer runter bis nach Manegra. Ich befinde mich momentan auf der Cadorna Linie. Diese war im 1. Weltkrieg eine vom italienischen General Luigi Cadorna hergerichtete Verteidungslinie, welche gegebenenfalls einem Angriff der Deutschen über die Schweiz oder des österreich-ungarischen Reichs standhalten und abwehren sollte. Gebraucht wurde diese nie, doch die Spuren sind immer noch sehr deutlich zu erkennen. Viele Schützengräben, Bunker und Stellungen sind auch heute noch sichtbar (Quelle)
In Manegra steigt die Strasse wieder an.
Meine Beine machen auch heute wieder sehr gut mit und ich kann dementsprechend die einzigartige Umgebung richtig geniessen. Kurz vom dem Instituto Auxologico in Piancavallo komme ich zu diesem unglaublichen Aussichtspunkt! Da muss ich einfach eine kurze Pause einlegen.
Von hier kann ich einen grossen Teil der Gebiete der ersten drei Etappen wieder erkennen. Wunderbar!
Nach dem Institut geht es nur noch ein kurzes Stück bergauf und…
…ich befinde mich auf dieser unglaublich schön angelegten Strasse. Flach geht sie dem Hang entlang. Die Szenerie ist genial!
Kurz vor Il Colle lasse ich einen Freudenschrei los. Denn jetzt erkenne ich den Monte Spalavera klar und deutlich vor mir – und er ist schneefrei. Jawohl!!!
Auf Il Colle gibt es dann auch endlich wieder einen Brunnen mit Trinkwasser. Mein Bidon und meine Reserveflasche im Rucksack sind beide leer und müssen dringendst wieder aufgefüllt werden.
Alles was jetzt folgt ist ein Experiment. Der Aufstieg zum Monte Spalavera ist zwar als Bikeroute markiert, doch habe ich keine Ahnung wie viel ich da fahren kann.
Die ersten paar Höhenmeter sind sehr steil doch schnell wird der Aufstieg sanfter und ich kann vorerst alles im Sattel verbleiben.
Weiter ist der Aufstieg nicht nur sehr gut fahrbar sondern auch wunderschön!!!
So makaber es klingt: Dem 1. Weltkrieg sei Dank – der Weg auf den Spalavera ist super ausgebaut und bis etwa 100 Hm unterhalb des Gipfels ist alles fahrbar. Dann wird’s schmaler aber auch hier geht das allermeiste im Sattel.
Ich geniesse jeden Meter dieses herrlichen Aufstiegs und die Freue ist riesig, als ich den Gipfel erreiche!!!
Die Aussicht ist bombastisch!!! Von Schnee weit und breit keine Spur. Zu den in Bee unten gesichteten Schneeberge gehört dieser hier zum Glück nicht dazu.
Auch heute wieder Kaiserwetter! Was bin ich bloß für ein glücklicher Mensch.
Der Wind hält sich in Grenzen und ich fahre erst nach einer längeren Pause weiter.
Auch hier hat es viele Schützengräben aus der Kriegszeit. Meine Abfahrtsvariante wird noch viele dessen kreuzen.
Der Trail nach Norden ist klasse und ich bin von Anfang begeistert. Flowige Passagen wechseln sich mit kniffligeren, engeren ab. Genau so wie ich es mag.
Zwei-drei kurze Stellen sind zu steil zum fahren, der Rest ist super!
Als ich in den Wald reinfahre ist an einem der ersten Bäume tatsächlich ein Schild eines Bikerennens angebracht. Jetzt wird definitiv klar: Genau da gehöre ich jetzt hin!
Hier führt das Rampicarza Bikerennen durch. Dieses fand letztes Jahr im Juni statt. Über eine Austragung diesen Jahres habe ich leider nirgends im Internet ein Info gefunden. Die Strecke aber leistet schon mal richtig. Das hier ist ein „richtiges“ Bikerennen.
Der Abschnitt im Wald ist flowiger als noch oben am Gipfel, bleibt aber steil. Zudem macht das viele Laub die Übung etwas unberechenbar. Dadurch ist der Weg nicht immer klar sichtbar.
Aber das war jetzt wirklich toll. Beim Punkt 1’296 folgt ein kurzer aber knackiger Anstieg zur Cima Alpe.
Auch hier wieder Befestigungsanlagen und…
…Bikewegweiser. Das gefällt dem Chregu! 🙂
Der Charakter des Trails bis zum Platz der Eurasiakapelle bleibt gleich. Meistens flowig, zwischendurch etwas breiter und mit viel Laub drauf.
Es bricht jetzt nicht der absolute Holytrailalarm aus aber das war schon sehr sehr toll! Seit dem Spalaveragipfel sind das hier die ersten Meter Asphalt.
Hier könnte ich nun runter ins Tal zum See düsen. Da dies heute aber die Königsetappe der Lago Maggiore Umrundung ist, fahre ich nochmals ein bisschen bergauf.
Die erforderlichen 150 Hm dazu sind schnell erklommen und mit der Cima Ologno erreiche ich einen weiteren herrlichen Aussichtspunkt!
Hier führte letztes Jahr eine Etappe des Giro d’Italias durch. Startort war damals Melide in der Schweiz und das Ziel war Verbania. Dort habe ich letzte Nacht ja übernachtet.
Hier würde sich der Monte Pian Bello anbieten, doch diese Schlaufe geht mir nun zeitlich etwas zu weit. So fahre ich etwa 80 Hm auf der Passstraße auf der anderen Seite wieder runter bis unterhalb des eigentlichen Gipfels der Cima Ologno.
Nach einer Tragepassage von höchstens fünf Minuten lächelt mich schon bald wieder der nächste Wegweiser des Rampicarza Bikerennens an. Erneut also die richtige Spur erwischt. 🙂
Der folgende Abschnitt bis zum Monte Carza ist ein Biketraum sondergleichen. In einem auf und ab fahre ich über den Bergrücken und kann es erneut kaum glauben, an was für einem schönen Flecken Erde ich mich nun schon wieder befinde!
Der Monte Carza ist ein weiterer toller Aussichtspunkt! Ich geniesse das Panorama, die Bilder, die Farben, die Ruhe,…
…und bereite mich mental auf die Abfahrt nach Cannobio vor. Bergauf geht es nun nicht mehr. Der finale Downhill steht vor der Tür.
Schrieb ich vorher über den „Holytrail-Alarm“? Das hier kommt dieser Bezeichnung schon ordentlich nahe!
Ein absoluter Traum dieser Trail vom Monte Carza nach Viggiona runter.
Auch hier befinde ich mich auf der Rampicarza-Strecke. Mit dieser Routenwahl habe ich einen absoluten Volltreffer gelandet!
Viggione ist dann ein weiteres wunderschönes, typisches italienisches Dorf wie ich es liebe!
Hier beginnt der Römerweg nach Cannobio runter.
Hier werden Bike und Biker ordentlich durchgeschüttelt. Beide bestehen die Schlussprüfung dieses Tages mit Bravour und haben viel Spass dabei!
Der Weg hört nur gerade ein paar Höhenmeter oberhalb Cannobio auf. Ich cruise durch das Städtchen und nach zweimaliger Konsultation von Google Maps finde ich auch meine heutige Unterkunft. Ein Zimmer mit Frühstück für 90 Euro habe ich mir im Hotel Casa Arizzoli gebucht. Dies ist die mit Abstand teuerste Unterkunft des ganzen Crosses. Da es aber zugleich die Letzte ist, wollte ich mir noch was Exklusiveres gönnen.
Die etwas höheren Erwartungen meinerseits werden voll umfänglich erfüllt. Zur Begrüßung zeigt mit der sehr nette Juniorchef die Bar, den Frühstücksraum, mein Zimmer (ich habe immer noch die verschwitzten Bikekleider an…) und anschließend auch die Garage für mein Bike. Ich fühle mich von der ersten Minute an pudelwohl hier. Das Hotel sowie auch mein Zimmer sind sehr geschmackvoll eingerichtet. Hier lässt es sich definitiv aushalten.
Auch die historische Altstadt von Cannobio ist wunderschön!
An der Seepromenade (autofrei!) hat es viele einladende Restaurants. Eines davon wird heute Abend auch von mir besucht und ich geniesse eine leckere Pizza Calzone.
So geht ein Wahnsinnstag zu Ende. Die Königsetappe wurde ihrem Namen aller Ehren. Die Landschaft ist einzigartig schön und auch trailmässig kam ich heute voll und ganz auf meine Kosten. Das war spitze!!!
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Distanz: 39 km / Fahrzeit: 5 h 36 min / Höhenmeter: 1’800 Hm
Schöner Bericht – Wenn Du den Piancavallo mit Schnee sehen willst, kannst Du bei mir einschauen: http://swissbikeblog.blogspot.ch/2016/03/intermezzo-am-lago-maggiore.html
Oh cool. Wie ich sehe, warst Du auch schon mal in dieser Ecke. Ist also definitiv auch mit dem Bike einen Besuch wert.:-)
Wunderbarer Bericht und schöne Bilder welche mächtig Lust auf ein Nachfahren machen.
Hättest Du eine Empfehlung für eine Übernachtung in einer Hütte oder Berghotel unterwegs?
Idee ist Zweitäger ÖV Tour ab Stresa und über Centovalli zurück.
LG
Hallo Aare,
Danke Dir für dein tolles Feedback. Ich habe nur am See übernachtet bei meiner Lago Maggiore Umrundung. Ich kann Dir daher leider keine Empfehlung für eine Unterkunft in den Bergen geben. Aber ich bin mir sicher, dass sich da was finden lässt.:-)
Hoi Chregu deine Königsetappe macht echt Lust. Für diesen Sommer wäre dies eine grossartige Idee, Zeit für 5 Tage habe ich leider nicht max 3. Von Lugano nach Laveno mit der Ferry nach Intra weiter mit deiner Königsetappe aber bis Losone (mein Sohn wohnt dort), ein letzter Tag im Maggiatal baden und über den Römerweg nach Lugano….
Hoi Shilaty, hast Du einen Track von dieser Tour?
Nein, die Idee von dieser Tour kam mir beim lesen von dem Reisebericht. Ich wohne in Lugano und würde auch von hier starten. Bis Caslano gibts ein Radweg, dann ist tote Hose, auf der Strasse nach Ponte Tresa weiter nach Ghirla ( SP 41 ) nachher auf der ( SP 43 ) bis Brissago Valtravaglia und weiter mit der Tour vom Chregu nach Laveno. Das Varesotto ist voll von kleinen Orten die SP 41 & 43 sind Nebenstr. nach 9 Uhr sicher nicht zu stark befahren, wir haben jeden Tag 55000 Frontalieri nur im Sottoceneri !! Der erste Teil ist kaum interessant von meiner Idee ? Gruss shilaty
Ja dann schon mal viel Spass. Dein Plan tönt also definitiv nicht uninteressant 😉
Oder auch vom Lema / Tamaro zum Lago hin….dieses wird kein grosses Biker- Jahr werden, mein linkes Knie ist futsch & wird gepimmt mit einem Implant wie schon das Rechte das seit 6 Jahren sein Dienst sehr gut verrichtet.
Chrigu ich freue mich immer wieder über deine Blogs – spannend – informativ – anregend.
Dank und Gruss Heinz
Besten Dank Heinz. Alles Gute Dir! 🙂
ich bike sehr viel in der Gegend und bin sehr oft in Cannobio, aber an die Königsetappe würde ich mich nicht wagen. Respekt, danke für die eindrucksvollen Bilder, das ist ganz sicher eine wahnsinnig tolle Strecke. Ich glaube ich muss ins Frühlingstrainingslager um diesen Sommer zumindest einen teil davon fahren zu können 🙂