BikeGrenzTrip 2014, 4. Etappe: St. Moritz – Dascio

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Der morgendliche Blick aus dem Fenster verheisst nichts Gutes. Die Corviglia ist mit frischem Schnee überzogen. Möglicheiten für den heutigen Tag wären ein Bahnentag auf der Corviglia mit einer zweiten Ãœbernachtung in St. Moritz. Somit wären die Bahnen für mich kostenlos gewesen. Oder die Weiterfahrt über den Scaletta oder Sertigpass oder über die Keschhütte nach Davos/Bergün. Oder ein Transfer nach Thusis mit Glas- und Tomülspass. Dank des Schneefalls alles eher nicht geeignete Touren.

Eine weitere Variante wäre die Fahrt durchs Bergell nach Chiavenna und weiter bis zum Comersee. Auch dies habe ich am gestrigen Tag auf der Karte studiert. Als mich die weissen Berge rund um St. Moritz begrüssen, war der Fall klar.

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Auch wenn der Schnee die nächsten Tage wohl wieder schmelzen wird, habe ich schlicht keinen Bock drauf, da irgendwas auszuprobieren oder getreu dem Motto wird schon gehen einfach los zu fahren. Deshalb geht’s heute in den Süden. Am Comersee sollen Temperaturen von rund 22 Grad herrschen, während es hier in St. Moritz frische 3 Grad kühl ist…

So ziehe ich sämtliche Kleider an, um mich auf den ersten Metern zur Olympiaschanze aufzuwärmen. Auch die Sturmmaske kommt zum Einsatz.

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Die Rekordtafel verrät, wer sich bisher als Schanzenrekordhalter rühmen konnte. Und irgendwo habe ich gelesen, dass das St. Moritzer Stimmvolk einem Kredit zustimmte, mit welchem die Schanze saniert werden kann. So sollen innerhalb der nächsten Jahre wieder Weltcupspringen in St. Moritz stattfinden.

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Meine Route führte dem malerischem Lej Marsch und dem Silvaplanersee entlang bis nach Sils.

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Dort geht’s ein erstes Mal am heutigen Tag bergauf.

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Ich fahre alles der nationalen Bikeroute Nr. 1 entlang. Bei der Alp Clavadatsch empfängt mich der erste Trail des Tages. Weiterhin geht’s meistens steil bergauf, vieles davon fahrbar.

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Bei der Abzweigung, bei welcher man ins Val Fex gehen könnte, habe ich eine tolle Aussicht auf den Silsersee.
Obwohl diese Trails oberhalb des Sees sehr schön sind, muss ich zwei drei mal mein Bike schieben. Deshalb komme ich nicht ganz so schnell vorwärts, wie eigentlich vorgesehen. Ob es heute noch klappt mit dem Comersee…?

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Aber eigentlich gibt es bei dieser schönen Landschaft keinen Grund zu hetzen. Da ich erneut noch nichts vorgebucht habe, bin ich sehr flexibel.

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Um etwa elf Uhr erreiche ich den unspektakulären Malojapass. Kommt man vom Engadin zu diesem Übergang, nimmt man ihn gar nicht als solchen wahr.

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Etwas vor der Passhöhe, beim Dorf Maloja, schaue ich mir einen Wanderweg an, welcher ins Bergell runter führt. Dort hin will ich heute ja. Doch dieser scheint mir auf den ersten Blick nicht sehr sinnvoll, da viele Stufen, nass und steil. Deshalb kehre ich nach den ersten paar Metern wieder um und nehme die Passstrasse. Und für einmal ist die Asphaltvariante einer Abfahrt gar nicht mal so unspektakulär. In unzähligen Kehren schlängelt sich die Strasse vom Malojapass ins Bergell hinunter.

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Trotzdem bin ich ja mit dem Bike unterwegs und verlasse deshalb in Casaccia, dem ersten Dorf nach dem Pass, die Strasse.

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Nun folge ich alles dem Wanderweg Nr. 64 Via Sett.

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Dieser ist sehr abwechslungsreich und führt mich mal über eine Schotterstrasse, mal über einen Trail, mal im Wald oder mal als Höhenweg oberhalb des Talbodens das Bergell hinab.

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Natürlich kommt kein „Holytrail-Alarm“ auf. Aber ich war noch nie im Bergell und ich muss sagen, es gefällt mir hier.

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Viele Gebäude sind noch im urtümlichen Zustand. Manchmal macht es mir den Eindruck, als wäre in diesem Tal die Zeit stehen geblieben.

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Im schönen Dorf Vicosoprano kehre zum Mittagessen ein und geniesse im Restaurant Piz Cam eine feine Portion Pizzoccheri.

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Frisch gestärkt geht’s weiter, alles der Via Sent entlang.

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Verschlungene Waldpfade, enge Dörfer, schöne Landschaften – das Bergell bleibt abwechslungsreich!

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Schon bald nach Vicosoprano treffe ich auf die Bikeroute 679, dem Maloja Express. Ab sofort folge ich dieser.

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Ich komme nun zügig voran und schon bald erreiche ich die Landesgrenze. Einmal mehr geht es von der Schweiz nach Italien. Zum ersten Mal nicht über die grüne Grenze, sondern ganz offiziell durch eine Zollstation. Diese ist in Castasegna.

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Castasegna an der Schweiz-Italienischen Grenze

Und nun? Alles auf der Hauptstrasse bis an den Comersee? Ich habe keine Ahnung ob es einen vernünftigen Weg für die nicht motorisierten Verkehrsteilnehmer gibt.
Doch kaum passiere ich die Grenze komme ich an ein Schild, welches ganz nach Radweg aussieht. Chiavenna – dort führt mein Weg an den Lago di Como vorbei. Ich bin natürlich sehr gespannt, was mich auf den nächsten Kilometern erwartet. Ein völlig unbekanntes Gebiet liegt vor mir – auf geht’s!

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Der Radweg ist fast alles auf Teer und sehr sehr schön angelegt. Auch die Markierung ist top, man kann sich fast nicht verfahren.

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Um halb drei komme ich in Chiavenna an. In der schmucken Innenstadt ist einiges los.

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Ich spiele einen kurzen Moment mit dem Gedanken, die heutige Etappe hier zu beenden. Gefallen würde es mir sehr hier und eine Unterkunft zu finden wäre kein Problem. Trotzdem ist es noch zu früh um Feierabend zu machen, ich möchte noch ein bisschen vorwärts kommen. Dies gilt auch im Hinblick auf den morgigen Tag, für dessen ich bereits so etwas wie einen Plan habe.

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So verlasse ich Chiavenna, das nächste Mal bleibe ich länger hier.
Unmittelbar nach der Altstadt erspähe ich eine Tafel, welche den sogenannten Luigi Guanella Trail markiert. Dieser war ein katholischer Priester aus dieser Gegend und er wurde sogar heilig gesprochen. Ihm ist ein Weg gewidmet, welcher genau in meine Richtung führt. Keine Ahnung ob das mit dem Bike funktioniert, ist aber allemal besser als die Strasse.

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Der Weg führt gleich mal weg vom Talboden zu den etwas oberhalb gelegenen Dörfern wie Coloredo und Gordano. Bereits finde ich mich wieder auf schmalen Pfaden, welche gerne auch mal einen Gegenanstieg beinhalten.

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Erneut habe ich das Gefühl, auf dem ständigen Auf und Ab nicht vorwärts zu kommen. Zudem gibt’s stets kurze Schiebepassagen und so breche ich die Übung Guanellatrail in Gordona bereits wieder ab. Denn dort steht erneut eine Radwegtafel, welche den Lago di Mezzola anzeigt. Der liegt etwas vor dem Comersee, also genau auf meinem Weg.

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So brause ich ziemlich zügig Richtung Süden. Der Radweg führt fast alles der Mera entlang. Inzwischen bin ich in kurz/kurz unterwegs. Sturmmaske und lange Handschuhe sind schon länger im Rucksack verstaut.

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In Novate Mezzola habe ich zum ersten mal Seesicht. Wunderschön hier!

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So um vier Uhr bin ich Verceia. Es wird langsam Zeit sich um eine Unterkunft zu kümmern. Allzu lange möchte ich nicht mehr im Sattel sitzen, ein bisschen geht aber schon noch. An den Comersee komme ich nicht mehr, der liegt etwas zu weit von meinem jetzigen Standort. Doch auf der „Booking“ App finde ich ein Hotel in Dascio. Diese Ortschaft ist am unteren Ende des Lago di Mezzola, das liegt heute gerade noch drin.

Leider habe ich erst zu Hause gesehen, dass von Verceia aus der berühmte Eisenbahntrail Tracciolino zu machen gewesen wäre. Hätte ich wohl versucht, hätte ich es gewusst. Doch das Unterfangen wäre vergebens gewesen, denn der Trail ist diesen Sommer aufgrund Renovationsarbeiten gesperrt ist. So wäre der Versuch für die Katz gewesen.

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So komme ich um circa fünf Uhr im Hotel del Mera in Dascio an. Hier ist es sehr ruhig. Kunststück, denn die Strasse härt an diesem Ort auf. Hier geht man also nur hin, wenn man wirklich nach Dascio möchte.

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Da ich erst eine Stunde vor Ankunft mein Zimmer buchte, und der PC an der Rezeption seither wohl nicht gelaufen ist, wusste niemand was von meiner Buchung. Leider konnte auch niemand Deutsch oder Englisch und ich so gut wie kein Italienisch. Den PC bedienen konnte ebenfalls niemand vom anwesenden Personal. So durfte ich eine Stunde in der Gartenterasse warten, bis jemand von der Abendschicht kam. Dann ging alles fix und ich bekam meinen Schlüssel.

Ich hätte mir in dieser Stunde gerne ein bisschen das Dorf angeschaut, aber solche Sachen können auf einem Trip wie diesem eben passieren (oder gehören sie nicht sogar ein bisschen dazu?) Ich nahm es locker. Denn das Personal war sehr freundlich und die Küche ausgezeichnet. Ich würde das Hotel wohl trotzdem wieder berücksichtigen, einfach ein bisschen früher buchen.

Abschliessend noch ein paar Impressionen des Lago di Mezzola.

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Obwohl der heutige Tag traillmässig nicht gerade der Brüller war, hat er mir trotzdem Spass gemacht. Mit Ausnahme des Startortes St. Moritz war alles Neuland für mich. Dass ich mich erst am Morgen entschieden habe, diese mir unbekannte Route zu fahren, verleiht der heutigen Etappe des BikeGrenzTrips eine schöne Prise Abenteuerlichkeit.

Und morgen? Was wohl mein Plan sein wird? Dieser sieht vor, an den Comersee zu gelangen und dann den Nachmittag mit Bergauffahren zu verbringen.

Distanz: 90 km / Fahrzeit: 5 h 26 min / Höhenmeter: 800 Hm

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Download file: Bergell.gpx

2 Gedanken zu „BikeGrenzTrip 2014, 4. Etappe: St. Moritz – Dascio

  1. Wow! Das ist schon eine tolle Tour und vor allem schön das man die noch um diese Jahreszeit machen kann. Ich war vergangenen Sommer auch in Davos und habe von dort aus die Gegend erkundigt, da man von unserem Hotel in Davos super überall hin konnte. Das war übrigens ein Bikehotel in Davos, das Hotel Edelweiss, für alle jene die noch eine Unterkunft suchen.

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